Warum du mit 35 Euro Stundenhonorar kein Berufsgenealoge sein kannst

Warum du mit 35 Euro Stundenhonorar kein Berufsgenealoge sein kannst

von Lars Thiele

Wie du den für dich passenden Stundenlohn ermittelst, mit dem du als Recherchedienstleister und Berufsgenealoge leben kannst.

Kannst du von deiner Tätigkeit leben?

Ich weiß nicht, wie häufig ich diese Frage in den letzten Jahren schon gehört habe. Seit mehr als 5 Jahren kann ich diese Frage mit einem ruhigen „JA“ beantworten.

Aller Anfang ist schwer. Und es war ein schwerer Weg bis zu den Einkünften, die ich heute monatlich bzw. jährlich erziele.

Ich habe Erfahrung machen müssen, viele Erkenntnisse gesammelt und viel Mut gebraucht, um zu dem Stundenhonorar zu gelangen, das ich heute für meine Dienstleistung als Rechercheur und Berufsgenealoge berechne.

Du erwartest vielleicht jetzt an dieser Stelle die einfach Nennung und Erläuterung meines Stundenhonorars. Ich könnte und würde dies ohne Probleme angeben, wenn es dir etwas nützen würde. Tut es aber nicht. Ich denke, dass es nicht zielführend ist, wenn du einfach den Stundenpreis eines anderen Dienstleisters übernimmst.

Tatsächlich ist der Preis für Deine Dienstleistung von mehreren Faktoren abhängig und kann sich durchaus von dem deiner Kollegen oder Kolleginnen unterscheiden.

Finde deinen für dich passenden Preis, mit dem du leben kannst.

Die 4 Schritte zur Preisfindung

  1. Ermittle deine Ausgaben
  2. Ermittle deine verfügbare Zeit
  3. Verschaffe dir einen Überblick zu Preisen und Angeboten der Kollegen
  4. Lege einen Preis fest


Schritt 1: Wie Du deine Ausgaben ermittelst

Um herauszufinden, zu welchem Preis du deine Zeit und Arbeitsleistung verkaufen solltest, musst du zuvor herausbekommen, wieviel Geld du eigentlich regelmäßig benötigst.

Frage dich:

  • Welche regelmäßigen Ausgaben habe ich im Monat? 
  • Welche Zahlungen musst ich zusätzlich im Jahr leisten? 
  • Wieviel Geld benötige ich außerdem noch zum Leben?

Um deine laufenden Ausgaben zu ermitteln, kannst du folgende Schritte befolgen:

1. Sammle deine Finanzdaten:

Sammle alle relevanten Informationen zu deinen Ausgaben, einschließlich Kontoauszügen, Rechnungen, Quittungen und anderen Finanzunterlagen.

2. Kategorisiere deine Ausgaben:

Kategorisiere deine Ausgaben in verschiedene Kategorien wie Miete, Lebensmittel, Transportmittel (Auto und/oder ÖPNV), Versicherungen, Haustiere, Unterhaltung, Kredite usw. Dies hilft dir, einen klaren Überblick über deine Ausgaben zu erhalten.

3. Verwende ein Haushaltsbuch oder eine Finanz-App:

Nutze ein Haushaltsbuch oder eine Finanz-App, um deine Ausgaben zu verfolgen. Diese Tools ermöglichen es dir, deine Ausgaben nach Kategorien zu organisieren und automatisch laufende Ausgaben zu erfassen.

4. Analysiere deine Ausgaben: 

Analysiere deine Ausgaben regelmäßig, um Muster zu erkennen und zu verstehen, wofür du dein Geld ausgibst. Dies kann dir helfen, Bereiche zu identifizieren, in denen du möglicherweise sparen kannst. Eventuell kannst du hier finanzielle Mittel gewinnen, die du in den Start oder den Ausbau deiner Selbständigkeit investieren kannst.

5. Setze dir Budgets:

Basierend auf deiner Analyse kannst du Budgets für verschiedene Ausgabenkategorien festlegen, um sicherzustellen, dass du im Rahmen deiner finanziellen Möglichkeiten bleibst.

6. Aktualisiere regelmäßig deine Aufzeichnungen: 

Aktualisiere regelmäßig deine Aufzeichnungen über deine Ausgaben, um sicherzustellen, dass du immer über deine finanzielle Situation informiert bist.

Indem du diese Schritte befolgst, kannst du deine laufenden Ausgaben genau ermitteln und besser kontrollieren. Du hast nicht nur einen Überblick über deine finanzielle Situation, sondern weißt nun genau, wieviel Geld du regelmäßig zur Deckung deiner Ausgaben benötigst.

Wenn du deine Dienstleistung hauptberuflich ausüben möchtest, dann sollten deine Einnahmen ohne Probleme deine regelmäßigen Ausgaben abdecken können.


Schritt 2: Wie du deine verfügbare Zeit ermittelst

Um die dir verfügbare und die notwendige Zeit für dein Arbeit am Anfang deiner Selbstständigkeit zu ermitteln, kannst du folgende Schritte durchführen:

1. Analysiere deine aktuellen Verpflichtungen:

Mache eine Bestandsaufnahme deiner aktuellen Verpflichtungen, einschließlich anderer Jobs, Familie, sozialer Verpflichtungen und persönlicher Interessen. Notiere dir, wie viel Zeit du täglich und wöchentlich für jede dieser Verpflichtungen aufwendest.

2. Finde deine Prioritäten heraus:

Identifiziere die wichtigsten Aufgaben und Aktivitäten für deine Dienstleistung (oder ein Produkt). Diese könnten Entwurf und Formulierung deiner Dienstleistung sein, Werbung für deinen Service, Kundengewinnung/Marketing, Buchhaltung und andere geschäftliche Aufgaben umfassen.

3. Schätze den Zeitbedarf für jede Aufgabe ein:

Schätze ab, wie viel Zeit du für jede geschäftliche Aufgabe benötigen wirst. Dies kann anfangs schwierig sein, aber versuche eine realistische Einschätzung vorzunehmen, basierend auf deinen Fähigkeiten, Erfahrungen und den Anforderungen deines Unternehmens. Ich empfehle dir, die benötigte Zeit für regelmäßige Aufgaben zu messen und zu dokumentieren. So weißt du genau, wieviel Zeit du einplanen musst.

4. Berücksichtige Pufferzeiten:

Berücksichtige auch Pufferzeiten für unerwartete Ereignisse, Unterbrechungen und unvorhergesehene Probleme, die auftreten können. Bedenke, dass du auch mal Pausen brauchst!

5. Plane deine Zeit effektiv:

Erstelle einen Zeitplan oder einen Kalender, in dem du deine geschäftlichen Aufgaben und Aktivitäten sowie deine persönlichen Verpflichtungen festhältst. Stelle sicher, dass du genügend Zeit für jede Aufgabe reservierst und realistische Ziele setzt.

Ich persönlich nutze seit Jahren Kalender und Journal von KLARHEIT. Zusätzlich plane ich meinen Tag mit den Vorlagen von Creator Journal

6. Überwache und passe deinen Zeitplan an:

Überwache deine Zeitnutzung regelmäßig und passe deinen Zeitplan bei Bedarf an. Sei flexibel und bereit, deine Prioritäten anzupassen, wenn sich die Anforderungen ändern oder neue Chancen auftreten.

Indem du diese Schritte befolgst, kannst du die verfügbare Zeit für deine selbständige Tätigkeit realistisch einschätzen und effektiv planen, um deine geschäftlichen Ziele zu erreichen. Egal ob du in der Planung, der Anfangsphase oder bereits als Dienstleister unterwegs bist. Einen Plan zu haben ist immer gut. ;-) 

Du weisst schließlich auch, wieviel Zeit du den Aufträgen deiner Kunden widmen kannst.

Solange du deine Zeit gegen Geld tauschst – d. h. dass du allein Aufträge erledigst und die dafür benötigte Zeit in Rechnung stellst – musst du wissen, wieviel Zeit für Aufträge benötigt wird. Daraus kannst du dann schlussfolgern, wieviele Aufträge du pro Woche oder pro Monat erledigen kannst.

Wenn du die verfügbare Zeit dann mit dem zu ermittelnden Stundenlohn multiplizierst, kannst du sehen, ob der (theoretisch) bezahlte Zeitaufwand die notwendigen Ausgaben decken kann.


Schritt 3: Verschaffe dir einen Überblick über die Preise 

  • Wieviel Honorar verlangen eigentlich andere Recherchedienstleister und Berufsgenealogen für ihre Arbeit?
  • Zu welchen Preisen bieten deine Kollegen und Kolleginnen ihre Dienstleistung an?

Ehrlich gesagt hat mich das zu Beginn meiner Selbstständigkeit nicht wirklich interessiert. Für mich war zu Beginn nur wichtig, dass meine Einkünfte meine regelmäßigen Ausgaben deckten. Wobei die Beiträge für die Krankenversicherung die größte Hürde darstellten.

Zugegeben, mein Vorgehen war anfangs wenig professionell. Meine Motto war eher: Einfach tun!

Ideen ausprobieren und die Dinge wenn nötig anpassen tue ich auch heute noch. Allerdings gehe ich bei der Einführung neuer Angebote inzwischen strukturierter und gezielter vor.

Wenn du aufgrund deines Angebots oder deines Standorts mit anderen Dienstleistern konkurrierst, dann kann es hilfreich sein einen Überblick zu den marktüblichen Preisen zu haben.

Um einen Überblick über die Preise anderer Dienstleister in deiner Branche zu erhalten, könntest du folgende Schritte unternehmen:

1. Online-Recherche:

Suche im Internet nach anderen Recherchedienstleistern oder Berufsgenealogen. Besuche deren Websites und schau nach, ob sie Preise öffentlich anzeigen oder ob du Kontakt aufnehmen kannst, um nach Preisen zu fragen.

Es ist nicht immer erkennbar, zu welchem Stundenlohn die Kollegen/Kolleginnen ihre Unterstützung anbieten. Suche auch nach Festpreisangeboten zu ähnlichen Leistungen, wie du sie anbieten möchtest.

2. Austausch in Branchenverbänden und Foren:

Werde Mitglied im deutschsprachigen Berufsgenealogenverband e.V. oder einem anderen internationalen Berufsverband, abonniere Newsletter oder Mailinglisten von Interessengruppen, besuche Foren, in denen über Dienstleister diskutiert wird. Oftmals teilen Mitglieder in solchen Gruppen auch Preise und Erfahrungen miteinander.

3. Wage direkte Anfragen:

Scheue dich nicht davor, direkt bei anderen Dienstleistern und Berufsgenealogen nachzufragen. Du könntest sie beispielsweise anrufen, eine E-Mail schreiben oder persönlich ansprechen, um Informationen über ihre Angebotspreise zu erhalten. Ich persönlich habe das zu Beginn nie getan. Nicht jeder spricht gern gegenüber Kollegen über seine Preise. Häufig schwingt hier die Angst vor Konkurrenten mit. Innerhalb des Berufsverbandes ist das allerdings etwas anderes. Die Preise der Berufskollegen erfährst du am Besten in der direkten Zusammenarbeit, im Rahmen eines gemeinsamen Auftrags beispielsweise.

4. Vergleichende Analyse:

Sobald du Informationen über die Preise anderer Dienstleister gesammelt hast, führe eine vergleichende Analyse durch. Achte dabei nicht nur auf die Preisspanne, sondern auch auf die im Preis enthaltenen Leistungen und eventuelle Zusatzleistungen.

5. Feedback von Kunden:

Sprich auch mit Kunden oder Auftraggebern, die bereits die Dienstleistungen anderer Berufsgenealogen in Anspruch genommen haben. Ihr Feedback kann dir dabei helfen, ein besseres Verständnis dafür zu entwickeln, was Kunden bereit sind zu zahlen und welche Dienstleistungen sie besonders schätzen.

Indem du diese Schritte befolgst, kannst du dir einen guten Überblick über die Preise anderer Recherchedienstleister und Berufsgenealogen verschaffen, Vorstellungen von Kunden kennenlernen und daraus Schlüsse für deine eigene Preisgestaltung ziehen.

Schritt 4: Lege einen Preis fest

Der letzte Schritt erfordert zugegeben etwas Mut. 

Du solltest nun auf der Grundlage der Ergebnisse der vorherigen Schritte einen Preis für deine Dienstleistung festlegen. Ich empfehle dir, zunächst ein konkretes Stundenhonorar aufzuschreiben und dann zu prüfen:

  • Wieviele bezahlte Stunden brauchst du, um notwendige Ausgaben zu decken?
  • Wieviele bezahlte Stunden braucht es darüber hinaus, um finanzielle Rücklagen bilden zu können?

Ein kleiner Hinweis am Rande: Wenn du von deiner Dienstleistung allein (in Deutschland) leben willst sind 35 Euro pro Stunde (netto) eindeutig zu wenig.

Nimm den Stundenpreis als Grundlage für die Kalkulation der nächsten Kundenanfrage. Nutze den Preis für Abrechnung der nächsten Aufträge und schaue, ob die Einnahmen für zur Deckung deiner Kosten ausreichend sind. 

Wenn du deine Dienstleistung zunächst nebenberuflich startest, kannst du in Ruhe beobachten, wie sich deine Einkünfte entwickeln. Wenn die Aufträge und Einkünfte ausreichend sind, solltest du irgendwann den Absprungpunkt finden, vorausgesetzte natürlich du meinst es ernst mit der professionellen Dienstleistung. ;-) 

Alles ist im stetigen Wandel

Im Laufe deiner Tätigkeit als Recherchedienstleister und Berufsgenealoge wird sich immer wieder etwas ändern. Deine Ausgaben können steigen, deine Einnahmen können schwanken. Du sammelst Erfahrung und dein Wissen wächst. Form, Umfang oder Schwerpunkt deiner Dienstleistung werden sich verändern. Du findest vielleicht deine „Lieblingskunden“. Du entdeckst die Leidenschaft für Spezialgebiete. Du entwickelst Festpreise und Produkte. Diese alles kann dazu führen, dass deine Preise prüfen und anpassen musst.

Zum Schluss möchte ich dir noch sagen:

Probiere aus! Seit mutig! Reflektiere und prüfe! Lerne mit Erfolgen und Misserfolgen umzugehen!

Lars Thiele
Lars Thiele
Lars ist Historiker, leidenschaftlicher Rechercheur und Gründer von Recherchedienst Thiele. Seit 20 Jahren lebt und arbeitet er in Dresden. Er sucht für dich in den "Schätzen" sächsischer Archive. Als derArchivbegleiter hilft er Dir deine Ahnenforschung und Archivsuche noch erfolgreicher zu machen.

Was denkst du?

1 Kommentar

Andrea Bentschneider
Andrea Bentschneider
Lieber Lars,
das ist ein schöner Artikel.

Ich finde aber immer auch, dass der Preis sich nicht nur über meine Bedürfnisse, sondern eben auch über meine Expertise errechnen sollte. ich habe am Anfang mit EUR 25 pro Stunde angefangen. Damit habe ich mich vor 20 Jahren wohlgefühlt, außerdem gab es noch nicht so viele Richtwerte damals.
Mit 20 Jahren Erfahrung rufe ich heute natürlich einen ganz anderen Stundensatz auf, und passe meine Stundensätze auch regelmäßig an.
Lieben Gruß
Andrea
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