Hier bekommst du regelmäßig die neuesten Tipps und Hinweise zu Familienforschung und Archivrecherchen bequem in deinen E-Mail-Postkasten.
Etwa 40.000 Deutsche wurden während und nach dem Zweiten Weltkrieg von sowjetischen Militärgerichten verurteilt. Darunter Arbeiter, Bauern, Ingenieure, politische Aktivisten, vermeintliche oder tatsächliche Spione westlicher Geheimdienste und deutsche Kriegsgefangene.
Darunter waren nicht selten viele Jugendliche, die mit Haft von 15 bis 25 Jahren oder dem Tode bestraft wurden. Alle wurden sie auf dem von der Roten Armee besetztem Gebiet, wie eben auch im Osten von Deutschland, gefangen genommen.
Sie verschwanden in sowjetischen Gefängnissen, Lagern oder wurden zum Arbeitseinsatz auf das Gebiet der damaligen Sowjetunion gebracht.
Aber was wurde aus ihnen?
Du suchst nach einem verschollenen Mitglied Deiner Familie? Du willst endlich wissen, was aus ihm geworden ist? Dann kann Dir der folgende Beitrag sicher weiterhelfen.
Als Besucherreferent der Gedenkstätte Bautzen begleitete ich im Jahr 2006 zahlreiche Besucher durch die Wanderausstellung „Erschossen in Moskau“. Ich erlebte dabei, wie Frau Schulze (Name geändert) ihren Vater nach mehr als 60 Jahren wiedersah.
Das Bild des verschollenen Vaters auf einer der Ausstellungstafeln hatte eine enorme Welle der Gefühle in ihr ausgelöst.
Der Vater war von einem sowjetischen Militärgericht zum Tode verurteilt und dann in Moskau hingerichtet worden.
Die vielen Jahrzehnte erfolgloser Suche waren endlich zu Ende. Durch die Ausstellung erfuhr die Tochter erstmals vom tragischen Schicksalsweg ihres Vaters.
Kennst Du eigentlich die Dokumentationsstelle in Dresden?
Bei der Forschungs- und Auskunftsstelle (für Widerstands- und Repressionsgeschichte in der NS-Zeit und SBZ/DDR) können Familien bereits seit 2004 Informationen zu vermissten/verurteilten Angehörigen erhalten. Die Dresdner Auskunftsstelle arbeitet im offiziellen Auftrag des deutschen Auswärtigen Amtes. In Zusammenarbeit mit der russischen Militärstaatsanwaltschaft übermittelt die Dokumentationsstelle Bescheide zu Urteilsaufhebungen (Rehabilitierung).
Die meisten der damaligen Urteile wurden in den 1990er Jahren von der russischen Militärstaatsanwaltschaft bereits geprüft und gegebenenfalls Urteile per Gesetz aufgehoben. Nach diesen Rehabilitierten kann auf der Internetseite der Dokumentationsstelle in einer Online-Datenbank gesucht werden. Zu diesen Personen liegen in der Regel in Dresden auch Unterlagen vor.
Die von Dir gesuchte Person ist in der Datenbank nicht aufgelistet?
Dann kannst Du persönlich oder am Besten mit Hilfe der Dresdner Auskunftsstelle eine Überprüfung bei der russischen Militärstaatsanwaltschaft beantragen oder die dort vorhandenen Informationen erfragen.
Wie für fast jeden Antrag gibt es auch hier ein Formular.
Der sogenannte Antrag auf Urteilsüberprüfung muss in Deutsch und Russisch ausgefüllt werden. Oje, denkst du? Du kannst kein Russisch.
Kein Problem. Das Ausfüllen des russischsprachigen Teils wird ohne Weiteres von den Mitarbeitern der Dokumentationsstelle übernommen.
Wenn Du sicher im Umgang mit der russischen Sprache bist und auch Erfahrungen im Schriftwechsel mit russischen Behörden hast, dann kannst Du den Antrag natürlich auch direkt an die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft nach Moskau senden:
Russische Föderation, 119852 Moskau, per. Cholzunova 14, An den Leiter der Verwaltung 4 der Hauptmilitärstaatsanwaltschaft.
Meine Empfehlung:
Sende Deinen Antrag nach Dresden und überlasse den Mitarbeitern der Dokumentationsstelle die Weiterleitung nach Moskau. So gehst Du sicher, dass der Antrag vollständig ausgefüllt und richtig adressiert bei der zuständigen Stelle ankommt.
Die Antwort stellt Dir die russische Militärstaatsanwaltschaft auf persönlichen Wunsch auch direkt zu. In der Regel erhälst Du die Antwort zu Deinem Antrag aber über die Dokumentationsstelle in Dresden.
Du bist kein Freund von Anträgen?
Scheue Dich nicht in der Dokumentationsstelle anzurufen. Die Mitarbeiterin der Auskunftsstelle informiert freundlich, geduldig und umfassend. Gern gibt Sie weitere Hinweise zum Antrag.
Für Rückfragen oder zur Vereinbarung eines persönlichen Beratungstermins ist die Auskunftsstelle über die Geschäftsstelle der Stiftung Sächsische Gedenkstätten (Geschäftsstelle) telefonisch erreichbar: 0351 469 55 40
Du erreichst die Auskunftsstelle am schnellsten per Email:
auskunft.dokstelle@stsg.de
Ansprechpartner: Herr Valerian Welm
oder per Briefpost:
Stiftung Sächsische Gedenkstätten
Dokumentationsstelle
Dülferstraße 1
01069 Dresden
Deutschland
oder per Fax: 0351 469 55 41
Meine Empfehlung:
Alle verfügbaren Daten zur gesuchten Person und kurze Hintergrundinformationen zum Verschwinden und/oder der Verurteilung schriftlich an Herr Welm senden.
Am besten per Email.
So gehst Du sicher, das Deine Anfrage auch möglichst schnell und ohne größere Nachfragen bearbeitet werden kann. Folgende Informationen sollte das Schreiben unbedingt enthalten:
Meine Empfehlung:
Die Informationen am besten in Tabellenform oder in Form von Stichpunkten/Absätzen notieren! Kein Fließtext!
Deine Angaben zur gesuchten Person können so schneller bearbeitet werden.
Da bei der Auskunft Personendaten von der Dokumentationsstelle herausgegeben werden, wird das Ausfüllen eines weiteren Formulars verlangt.
Seit dem letzten Jahr muss jeder, der personenbezogen Informationen von der Dresdner Auskunftsstelle bekommen möchte oder Einblick in betreffende Unterlagen haben will, einen Benutzungsantrag stellen. So schreibt es die Benutzungsordnung der Stiftung Sächsische Gedenkstätten vor, zu der die Dokumentationsstelle gehört.
Der Antrag muss vor jeder Auskunft und Akteneinsicht genehmigt werden. Allerdings ist dies in der Regel eine rein formelle Angelegenheit und schnell erledigt.
Um auch hier etwas Zeit zu sparen, kannst Du den Benutzungsantrag (Link zur pdf-Datei) von der Webseite der Dokumentationsstelle herunterladen, ausdrucken und in Ruhe zu Hause ausfüllen. Bitte beachten: Unterschrift nicht vergessen!
Mein Tipp:
Informationen zu den (Zivil-)Internierten, die am Ende des Zweiten Weltkrieges bzw. in der unmittelbaren Nachkriegszeit von „den Russen“ mitgenommen oder abgeholt wurden, ist schwierig.
Im Gegensatz zu den Verurteilten gibt es für die Internierten, kaum Informationen.
Registrierungsunterlagen sind selten vorhanden. Wenn diese nicht nachträglich verurteilt wurden, gibt es auch keine Prozessunterlagen. Eine Rehabilitierung (Urteilsaufhebung) nach dem russischen Rehabilitierungsgesetz ist somit nicht möglich. Wenn Personen auf den Transporten in deutsche Lager oder in die Sowjetunion verstarben, ist es um so schwerer Informationen in Deutschland zu finden.
Du kannst bei der Dokumentationsstelle in Dresden auch Informationen zu deutschen Gefangenen des Zweiten Weltkrieges und der Nachkriegszeit erhalten. Bei direkten Suchanfragen zu deutschen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkriegs wirst Du als Privatperson allerdings schnell an den Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes verwiesen.
Dir ist unklar, ob die gesuchte Person verurteilt wurde oder nicht?
Ich empfehle dennoch mit Hilfe der Dokumentationsstelle einen Antrag auf Urteilsüberprüfung bei der Russischen Militärstaatsanwaltschaft zu stellen. Du bekommst dann mitgeteilt, ob dazu Informationen in Moskau vorliegen oder nicht.
Einen Versuch ist es Wert. In jeden Fall wird in den Unterlagen und Datenbanken der Dokumentationsstelle gesucht. Wenn dort Informationen zur von Dir gesuchten Person vorliegen, wirst Du diese auch bekommen.
Übrigens, viele Gedenkstätten, die sich mit dem Thema Sowjetische Besatzung und DDR beschäftigen verfügen über Informationen zur Gefangennahme, Inhaftierung oder dem Transport von Deutschen. Auch dort lohnt sich ein Anfrage.
Das waren ziemlich viele Informationen auf einmal. Deshalb hier eine kleine Auflistung der wichtigsten Schritte:
Hier noch einmal alle wichtigen Dokumente zum Anklicken, Ansehen und Herunterladen:
Viel Erfolg bei Deinen Nachforschungen!
Deine persönlicher Archivbegleiter
Lars
P.S.: Dir ist das alles zu kompliziert? Gern übernehme ich für Dich die komplette „Abwicklung“ der Suche und Antragstellung.
Schreibe mir einfach eine kurze Nachricht mit Deiner Telefonnummer und ich werde mich dann so schnell wie möglich bei Dir melden.
Lass Dir beim Finden helfen!
Hier bekommst du regelmäßig die neuesten Tipps und Hinweise zu Familienforschung und Archivrecherchen bequem in deinen E-Mail-Postkasten.
Britt Haase
Haben Sie noch eine andere Idee? Wo könnte sich noch eine Nachfrage lohnen?
Vielen Dank und liebe Grüße
Britt Haase
Lars Thiele
es scheint mir, als hätten Sie schon die wichtigsten Stellen angefragt. Die Ermittlungen zu Lebensgeschichten der (Nach)kriegszeit sind in der Tat nicht einfach. Wo wurde er zuletzt zur Bewachung eingesetzt? Von welcher Besatzungsmacht wurde er zuerst gefangen genommen? War er noch hin anderen Lagern interniert? Ob er verurteilt wurde, wissen Sie wahrscheinlich auch nicht. Sind Ihnen noch andere Stationen seines Lebens bekannt? Die Deutsche Dienststelle Berlin (ehem. WASt) könnte zur militärischen Laufbahn noch Interessantes beitragen. Die Antwort bleibt abzuwarten. Ich weiß allerdings auch um die langen Antwortzeiten der Dienststelle. :-( Um eventuell weitere Ansatzpunkte für eine Recherche herauszufinden, müsste ich mir einmal alle der von Ihnen zusammengetragenen Informationen sowie die dazugehörigen Schriftwechsel mit den Institutionen anschauen. Gern können Sie mir, wenn Sie möchten einmal alle Informationen und gesammelten Unterlagen (Kopien) zusenden. (auftrag@archivbegleiter.de) Ich würde mir das anschauen und Ihnen dann verraten, ob ich weiterhelfen kann.
Beste Grüße
Lars Thiele
Was denkst du?